Von Walter Braun
2015 wird es offenbaren, vermutlich mehr als jedes Jahr zuvor: Die Vergesellschaftung von Informationstechnik, Psychologie, Neurowissenschaften und Ingenieurkunst wird Innovationen biblischen Ausmaßes ermöglichen, die Blinde sehen und Lahme gehen werden lassen.
Wenn nicht die Trägheit und Feindlichkeit der menschlichen Natur allem Neuen gegenüber wäre und die Mehrzahl der Entscheider etwas weniger bewahrend und ordnungsliebend sich verhielte, könnten echte Innovationen tradierte Paradigmen der Unternehmensentwicklung schon bald auflösen und recht rasch in die Lebenswirklichkeit der Betriebe hineinwirken.
Es sind dann keine Verwalter gefragt und noch weniger Spezialisten, die sich erbsenzählend im Kleinklein verschanzen oder verlieren und nur noch die eigenen Wahrheiten kennen. Auch braucht es keine langfristig angelegten Konzepte oder Strategien, sondern sich selbst organisierende Prozesse, die der begrenzten Instabilität von Geschäftsmodellen besser Rechnung tragen als fein ziselierte Handlungspläne.
Was in einer zunehmend komplexer werdenden Welt und den daraus exponentiell wachsenden Chancen sich als hilfreich erweisen dürfte, sind Vorgesetzte und Meinungsbildner, die abseits festgetrampelter Erfahrungswege zu neuem Verhalten und Experimentieren anregen, die zur Selbstführung ihrer Mitarbeiter ermuntern und die die Logik der Fehlervermeidungskultur und die Perversion der Kontrolle als Saboteure der Zukunft entlarven und Raum schaffen zum kreativen Spinnen.
Um bei Mitarbeitern Lust auf eine begrenzte Instabilität zu wecken, wird es sinnvoller sein, aus anspruchsvollen Aufgaben und Projekten Wachstumspotential zu schöpfen als an noch so fein modularisierten Seminarthemen Kompetenzerwartungen zu knüpfen.
2015 kann Personalentwicklern die Chance bieten, verkrustete Angebotsstrukturen ihrer PE-Konzepte zu Gunsten selbstbestimmten Lernens zu verlassen. Vorgesetzte können anfangen, Menschen zu vertrauen und auch andere Vorstellungen von Lösungen zu akzeptieren. Mitarbeiter können anfangen, sich in ihrem Selbstverständnis auszuloten und ihre blinden Flecken und Wachstumspotenziale zu benennen.
Wir alle können anfangen, etwas einfach mal anders zu machen und die Muster des Tradierten und den Panzer von selbstverordneten Tabus aufzubrechen.
Kommentare
Vera Siegel
9. Januar 2015 - 12:06
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2015
Die CES hat gezeigt, wohin die Reise geht. Vernetzung der privaten mit der betrieblichen und gesellschaftlichen Welt. Richtig Neues ist aber nicht in Sicht. Selbst das pilotierte Fahren wird noch mehrere Jahre Entwicklungsarbeit benötigen. Also, keine Panik, es wird zum Aushalten sein, was 2015 kommt.
Viele Grüße
Rolf Heinen
9. Januar 2015 - 12:17
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Musterbrechen
Musterbrechen heißt ja wohl, das Bestehende zugunsten etwas Neuem aufzugeben. Vorher sollte aber m.M. nach geprüft werden, ob sich das Alte nicht auch noch weiter bewährt. Never change a winning Team hat auch in 2015 seine Berechtigung. Allerdings teile ich aber auch die Einschätzung, wonach der Mensch gern am Alten kleben bleibt und dadurch der Fortschritt behindert wird. Insofern sollten wir im Schumpeterschen Sinn Bestehendes kreativ zerschlagen. Ja, bei sich selbst anfangen, kann das Musterbrechen einleiten.
Uwe Kock
9. Januar 2015 - 14:45
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Musterbrechen
Richtig ist, dass jeder bei sich selbst anfangen sollte, Gewohnheiten aufzubrechen. Innovationsbereitschaft muss aber die Unternehmenspitze auslösen, indem sie anstößt, ermöglicht und die grobe Richtung vorgibt. Der einzelne Vorgesetzte ist überfordert, wenn er gleichzeitig visionär und ergebnisorientiert sein Tagesgeschäft bewältigen soll. Muster müssen von der Spitze her gebrochen werden. Mittlere und untere Führungskräfte haben dazu wenig Ressourcen und noch weniger eine unterstützende Lobby.
Ingo Lugow
10. Januar 2015 - 18:37
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Dem kann ich nur zustimmen.
Dem kann ich nur zustimmen. Wir alle haben die Chance, aus kleinen, eigenen Veränderungen eine Kultur des Neuen zu etablieren. Wenn da nur der innere Schweinehund nicht wäre. Haben Sie einen Tipp, wie wir den austricksen können?
Danke!
Gast
15. Januar 2015 - 14:34
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innerer Schweinhund
Hallo Herr Lugow,
in der Tat, Neues wagen, weckt innere Widerstände, da man nicht weiß, was das Ergebnis sein wird. Nichts anderes ist auch Ihr angesprochener innerer Schweinehund. Er warnt Sie vor Anstrengungen und möchte lieber, dass Sie entspannt und belastungsfrei Ihren Tag genießen. Ihn auszutricksen ist auch zwecklos, denn er ist Ihre innere, unbewusste Haltung dem Neuen gegenüber. Er bellt auch nur, wenn er nicht so ganz überzeuzgt ist. Und da ist der Schlüssel. Malen Sie sich zunächst mal aus, wie toll das Neue sein wird und wie super Sie sich bei jedem einzelnen Schritt fühlen werden. Spielen Sie auch durch, wie Sie reagieren, wenn er Sie ablenken möchte. behandeln Sie ihn auch nicht als Feind, sondern als Kumpel, der, wenn auch nur kurzfristig, das Beste für Sie will. Je mehr Spaß es Ihnen macht, ihn beim Bellen zwar zu hören, aber ihm nicht zu folgen (weil Sie ja wissen, was Sie nach Ihrer Überwindung gewinnen werden), umso leichter werden Sie ihn ignorieren können. Hilfreich ist neben diesen persönlichen "Tricks" auch der eine oder andere Verbündete und eine gewisse Öffentlichkeit für Ihre Absicht. Denn Öffentlichkeit und Verbündete erhöhen den psychischen Handlungsdruck.
Gutes Gelingen!
Ihr
Walter Braun
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